7. Februar 2025

Von Liebe zu krankhafter Kontrolle

wenn Eifersucht zu einer toxischen Beziehung führt

Lesezeit: 4 Min.

von Lea-Mareen Kuhnle

Eifersucht ist in einer Beziehung oft ein schmaler Grat. Ein gewisses Maß kann ein Zeichen von Liebe sein, doch wenn Kontrolle, Misstrauen und Besitzdenken überhandnehmen, wird sie toxisch. Die 34-jährige Nadine (Name geändert) weiß das aus eigener Erfahrung. Fünfeinhalb Jahre war sie mit ihrem Ex-Partner zusammen, vier Jahre davon lebten sie unter einem Dach. Doch statt Geborgenheit fand sie sich in einer Beziehung voller Kontrolle und emotionaler Manipulation wieder.

Ein schleichender Prozess

Anfangs wirkte alles normal. „Das erste Jahr war okay, es gab zwar schon Auseinandersetzungen, aber nichts, was mir damals bedenklich erschien“, erzählt Nadine. Doch langsam begannen sich die Dinge zu ändern. Ihr Partner wurde zunehmend misstrauisch, vor allem in Bezug auf andere Männer. „Er wollte, dass ich meine Social-Media-Accounts lösche. Ich sollte von der Bildoberfläche, vom Markt, verschwinden. Er selbst nutzte sie aber weiterhin.“

Nach und nach stellte er mehr Verbote und Forderungen: Kein Kontakt mehr zu Männern, eingeschränkter Kontakt zu ihren Freundinnen und ihrer Familie. „Ich durfte nicht mal in Ruhe einen Kaffee bei meiner Familie trinken, ohne dass er mich alle fünf Minuten anrief und wissen wollte, wo ich bin und was ich mache.“ Nadine dachte lange, dass seine Eifersucht auf seine Vergangenheit zurückzuführen sei – eine frühere Partnerin hatte ihn betrogen. Doch irgendwann wurde ihr klar: Seine Unsicherheit war keine Entschuldigung für sein Verhalten.

Gefangen in einer toxischen Beziehung

Mit der Zeit wurde die Situation immer schlimmer. Nadine wurde klar, dass ihr Ex-Partner ein Narzisst ist. Sie zog sich zurück, verlor den Kontakt zu Freunden und fühlte sich zunehmend isoliert. „Es ging immer nur um seine Gefühle, seine Bedürfnisse. Es gab keine Kompromisse – nur seine Regeln.“ Sein Verhalten wurde immer kontrollierender. Er durchsuchte ihr Handy, unterstellte ihr Affären, obwohl sie ihm nie einen Grund für Misstrauen gab. „Wenn wir unterwegs waren, durfte ich nicht mal den Blick schweifen lassen, weil er mir sonst direkt unterstellte mit anderen zu flirten – er zog mich dabei immer an sich ran.“

Dazu kam ein weiteres Problem: Alkohol. Ihr Partner trank nach der Arbeit regelmäßig, um „runterzukommen“. Wenn er betrunken war, wurde er noch misstrauischer, warf ihr Dinge vor, die nie passiert waren, machte ihr Schuldgefühle. „Ich wusste irgendwann: Das ist nicht normal. Das ist nicht Liebe.“

Die Flucht ins eigene Leben

Der Wendepunkt kam Ende 2023: „Da gab es einen Knall und mir wurde schlagartig klar, dass ich mit dieser Person keine Zukunft planen möchte.“ Sie wartete nicht lange. Im April 2024 packte sie heimlich ihre Sachen und verließ die gemeinsame Wohnung. „In einer Hauruckaktion während er bei der Arbeit war – anders hätte ich es nicht geschafft“, sagt sie. Ihre Familie unterstützte sie dabei, sie hatten schon lange gespürt, dass sie in der Beziehung unglücklich war.

Nach der Trennung fühlte sie sich nicht einmal traurig. „Normalerweise hat man nach einer Trennung ein Gefühlschaos und weint viel, aber ich war einfach nur erleichtert. Ich wusste, dass es die richtige Entscheidung war.“

Wenn Eifersucht gefährlich wird

Eifersucht ist in jeder Beziehung ein Thema – doch wo ist die Grenze zwischen normal und toxisch? „Ein bisschen Eifersucht ist normal, sie zeigt, dass man dem anderen wichtig ist“, sagt Nadine. „Aber wenn es zur Kontrolle wird, wenn man kein Vertrauen mehr hat, wenn es nur noch um Macht geht – dann ist es krankhaft.“

Eine gesunde Beziehung basiert auf Vertrauen und Kommunikation. Doch bei ihr gab es weder das eine noch das andere. „Er hat mich von meinen Liebsten entfernt, mein Handy durchsucht, mir Vorschriften gemacht – das ist keine Liebe.“

Neuanfang mit neuen Erkenntnissen

Heute ist Nadine wieder sie selbst. Sie hat ihr altes Leben zurück, trifft sich mit Freunden, genießt ihre Freiheit – und kehrt zu sich selbst zurück. „Und das merkt mein Umfeld auch.“ Eine neue Beziehung hat sie aktuell nicht, aber sie geht mit offenen Augen durchs Leben. „Ich habe gelernt, die Warnsignale frühzeitig zu erkennen. Sollte ich je wieder in eine Beziehung mit übermäßiger Eifersucht geraten, würde ich viel schneller die Reißleine ziehen.“

Ihr Rat an andere, die sich in einer ähnlichen Situation befinden: „Eifersucht ist keine Liebeserklärung. Wer dich klein macht, dich kontrolliert und dir dein Leben vorschreibt, liebt dich nicht – er will dich besitzen. Und aus so einer Beziehung muss man raus, bevor man sich selbst verliert.“

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Erschienen in „Wir heiraten / #Oberpfälzerin“, Ausgabe 2024
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