7. Februar 2025

Eifersucht oder Besessenheit?

Wenn Kontrolle die Liebe erstickt

Lesezeit: 4 Min.

von Katharina Fleischhauer

Eifersucht ist tückisch. Sie fängt klein an – eine harmlose Frage, ein Stirnrunzeln, ein flüchtiger Blick, den man vielleicht gar nicht bemerkt hätte, wenn der Partner nicht nachhakt: „Warum hast du gerade hingeschaut?“ Anfangs wirkt es noch normal, vielleicht sogar süß, weil es zeigt, dass man dem anderen nicht egal ist. Doch was, wenn aus gelegentlicher Unsicherheit eine Beziehung voller Misstrauen wird?

Anton (Name geändert) dachte lange, dass ein bisschen Eifersucht dazugehört – dass sie zeigt, wie wichtig man sich ist. Doch nach acht Jahren in einer Beziehung, die auf Kontrolle statt Vertrauen basierte, weiß er: „Es gibt einen Unterschied zwischen gesunder Eifersucht und einer Beziehung, in der du irgendwann gar nichts mehr darfst.“

Mit Isabell (Name geändert) begann es langsam. Erst war es nur Social Media. „Ich habe mich gefragt, warum irgendwelche Typen ihre Bilder liken, obwohl sie in einer Beziehung ist. Sie hat dasselbe bei mir gedacht. Am Ende haben wir erst alle Kontakte zum anderen Geschlecht gelöscht, dann unsere Accounts ganz deaktiviert. Wir dachten, das wäre die Lösung – aber in Wirklichkeit war es nur der Anfang.“

Zwischen Kontrolle und Misstrauen

Was anfangs als Schutz gedacht war, wurde zur Regel. „Wenn ich etwas nicht durfte, durfte sie es auch nicht. Und wenn sie etwas nicht wollte, dann war es für mich auch tabu.“ So entstanden immer mehr Grenzen. „Ich durfte nicht feiern gehen, sie auch nicht. Ich sollte keine engen Freundinnen haben, sie keine engen männlichen Freunde. Wenn ich gesagt habe, dass mir ein Outfit zu freizügig ist, hat sie es geändert – aber dann meinte sie auch: ‚Dann trag du bitte im Gym kein Tanktop mehr.‘“

Es fühlte sich ausgeglichen an. Aber in Wahrheit war es eine Beziehung voller Kontrolle, die sich wie ein Spiel anfühlte: Wer gibt dem anderen weniger Grund zur Eifersucht? „Wir haben uns gegenseitig beobachtet. Ihre Augen wanderten zu mir, wenn eine hübsche Frau vorbeiging. Meine zu ihr, wenn sie mit einem anderen Typen lachte. Es war ein stilles Prüfen – wer macht zuerst einen ‚Fehler‘?“ Besonders im Sommer wurde es extrem. „Wir haben am Strand nebeneinander gelegen, aber anstatt zu entspannen, haben wir uns gegenseitig getestet. Sie hat beobachtet, ob ich Frauen anschaue, ich habe beobachtet, ob sie Männer anschaut. Und wenn einer von uns ‚ertappt‘ wurde, war der Tag gelaufen.“

Dann kamen die stillen Strafen. „Wenn sie dachte, ich hätte eine andere angeschaut, hat sie meine Hand richtig fest gedrückt. Einfach, damit ich es merke. Manchmal ließ sie sie dann los und lief ein paar Meter vor mir her, als Zeichen: Ich bin sauer. Und ich wusste genau: Später kommt die Diskussion.“

Die Ehe als letzter Versuch

Mit 23 heirateten sie. Anton glaubte, dass sich dann alles beruhigen würde – dass sie sich durch die Ehe endlich sicher fühlen würden. Doch das Gegenteil passierte. „Am ersten Tag meiner Ausbildung kam sie mit bis zur Klassentür. Ich war verwundert, aber dann wurde mir klar: Sie wollte, dass alle Mädchen in der Klasse sehen, dass ich vergeben bin.“

Die Kontrolle blieb. Anton wollte sich irgendwann wieder mehr Freiraum nehmen. „Ich habe gesagt: Lass uns doch einfach normal sein. Ich will ins Gym, ohne dass wir darüber diskutieren, was ich anziehe. Ich will mit meinen Jungs rausgehen. Aber sie blieb bei ihren Regeln: ‚Was einmal verboten wurde, bleibt verboten.‘“

Die Trennung kam schleichend, aber als sie kam, fühlte sie sich wie eine Befreiung an. „Ich habe meine Sachen gepackt und bin gegangen. Ich habe ihr alles gelassen, sogar das, was ich selbst gekauft hatte. Ich wollte einfach nur raus.“

Ein Leben ohne Eifersucht

Heute hat sich Anton verändert und sieht vieles anders. „Früher dachte ich, Eifersucht zeigt, dass man liebt. Heute weiß ich, dass sie eigentlich nur Angst ist. Meine zukünftige Partnerin kann heute anziehen, was sie will. Sie kann feiern gehen. Sie kann ihr Leben leben. Solange sie mir treu ist, gibt es keinen Grund für Misstrauen.“

Und wenn doch mal Unsicherheiten aufkommen? „Dann reden wir. Ich weiß jetzt, dass Kommunikation alles ist.“

Eifersucht fühlt sich anfangs wie ein Beweis für Liebe an, doch mit der Zeit wird sie zum Käfig. Wahre Liebe gibt Raum. Sie lässt atmen.

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