Endometriose:
das Chamäleon der Gynäkologie
Lesezeit: 5 Min.
von Lea-Mareen Kuhnle
Endometriose gilt als Chamäleon der Gynäkologie, weil es sich immer unterschiedlich äußert. Mal treten mehr Schmerzen auf, mal weniger. Mal leiden die Frauen unter erheblichen Einschränkungen, mal ist der Alltag nicht davon betroffen. Doch mit der richtigen Diagnose und Behandlung kann man lernen, gut damit zu leben. Was genau hinter der Erkrankung steckt und wie man sie erkennt, erfährst du hier.
Was ist Endometriose?
Endometriose ist eine chronische Erkrankung, bei der Gewebe, das der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) ähnelt, außerhalb der Gebärmutter wächst. Diese Gewebeherde können sich in den Eierstöcken, den Eileitern, auf dem Darm oder sogar in der Blase ansiedeln und bleibende Schäden hinterlassen. Die Ursache dafür ist noch nicht vollständig geklärt, doch es wird vermutet, dass genetische, immunologische und hormonelle Faktoren eine Rolle spielen. Wie die Gebärmutterschleimhaut reagiert dieses Gewebe auf den Monatszyklus. Es baut sich auf und blutet während der Periode ab – kann jedoch nicht wie normale Menstruationsblutung über die Scheide abfließen. Stattdessen bleibt das Blut im Körper und führt zu Entzündungen, Verklebungen und oft auch zu schmerzhaften Zysten.
© Ya_tak_tse_bachu – stock.adobe.com
Wie entsteht Endometriose?
Warum manche Frauen Endometriose entwickeln und andere nicht, ist noch nicht abschließend erforscht. Eine Theorie besagt, dass während der Menstruation Teile der Gebärmutterschleimhaut durch die Eileiter in den Bauchraum gelangen. Dieses Phänomen nennt man retrograde Menstruation. Bei den meisten Frauen wird das Gewebe vom Immunsystem abgebaut, doch bei Frauen mit Endometriose bleibt es bestehen und nistet sich im Bauchraum ein. Andere Theorien sprechen von genetischen Veranlagungen, einer Fehlfunktion des Immunsystems oder von hormonellen Ungleichgewichten. Wahrscheinlich handelt es sich um ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren. Dabei kann Endometriose bereits während der ersten Monatsblutungen ein Thema sein und auch noch nach den Wechseljahren vorkommen.
Was sind die Anzeichen?
Das Leitsymptom der Endometriose sind Schmerzen. Sie können vor und während der Menstruation besonders stark sein, sich aber auch auf den gesamten Monatszyklus ausdehnen. Manchmal ist der Schmerz so intensiv, dass er das tägliche Leben stark beeinträchtigt.Starke Menstruationsschmerzen: Besonders während der Periode treten oft krampfartige Schmerzen im Unterbauch auf.
- Chronische Unterleibsschmerzen: Diese können auch unabhängig von der Menstruation auftreten.
- Schmerzen beim Geschlechtsverkehr: Viele Betroffene berichten von unangenehmen oder schmerzhaften Empfindungen beim oder nach dem Sex.
- Schmerzen beim Stuhlgang oder Wasserlassen: Wenn die Endometrioseherde auf Blase oder Darm drücken, können diese alltäglichen Funktionen schmerzhaft sein.
- Unerfüllter Kinderwunsch: Bei etwa 30 bis 50 Prozent der Frauen, die Probleme haben, schwanger zu werden, steckt Endometriose dahinter.
- Starke Regelblutung: Oft sind die Periodenblutungen bei Endometriose intensiver und dauern länger.
Da diese Symptome auch bei anderen Erkrankungen auftreten können, bleibt Endometriose oft lange unerkannt. Viele Frauen leiden jahrelang, bevor sie eine korrekte Diagnose erhalten. Statistisch gesehen, tritt Endometriose meistens bei Frauen im Alter von 35 und 45 Jahren auf.
Wie wird Endometriose diagnostiziert?
Der Weg zur Diagnose kann langwierig sein, da die Symptome sehr unspezifisch sind. Zunächst wird der Arzt eine ausführliche Anamnese erheben und danach Untersuchungen wie Ultraschall oder eine gynäkologische Tastuntersuchung durchführen. Allerdings sind Endometrioseherde oft schwer sichtbar.Eine endgültige Diagnose kann meist nur durch eine Laparoskopie (Bauchspiegelung) gestellt werden. Dabei handelt es sich um einen kleinen operativen Eingriff, bei dem der Bauchraum mithilfe einer Kamera untersucht und das Gewebe gegebenenfalls gleich entfernt wird.
Was kann man tun?
Endometriose ist zwar nicht heilbar, aber die Symptome lassen sich in vielen Fällen gut behandeln. Außerdem sollte beachtet werden, dass nicht jede Frau an Schmerzen leidet und somit nicht immer Behandlungsbedarf besteht. Je nach Schweregrad der Erkrankung und der individuellen Lebenssituation gibt es verschiedene Therapieansätze.
Medikamentöse Behandlung: Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol können akute Beschwerden lindern. Zudem gibt es hormonelle Therapien, die die Monatsblutung schwächen oder den Zyklus für einen Zeitraum unterdrücken und damit das Wachstum der Endometrioseherde verlangsamen, beispielsweise die Pille, Hormonspiralen oder spezielle Gestagene. In Deutschland ist es jedoch nicht erlaubt, Verhütungsmittel zur Behandlung von Endometriose zu verschreiben.Operative Eingriffe: In manchen Fällen ist eine Operation notwendig, um größere Endometrioseherde oder Zysten zu entfernen. Dadurch nehmen bei den meisten Betroffenen die Schmerzen rapide ab. Dies geschieht oft minimal-invasiv mit kleinen Schnitten per Laparoskopie.
Ernährung und Lebensstil: Viele Frauen berichten, dass eine entzündungshemmende Ernährung mit wenig Zucker, viel Gemüse und Omega-3-Fettsäuren die Beschwerden lindern kann. Auch Sport, Entspannungsübungen wie Yoga und Meditation sowie alternative Heilmethoden wie Akupunktur oder Osteopathie können unterstützend wirken.
Künstliche Befruchtung: Wenn Endometriose den Kinderwunsch beeinträchtigt, kann eine künstliche Befruchtung in Erwägung gezogen werden.
Wie kann man gut damit leben?
Endometriose stellt eine Herausforderung dar, aber es gibt viele Möglichkeiten, den Alltag zu verbessern und gut mit der Erkrankung zu leben.
Die richtige Unterstützung ist entscheidend
Endometriose ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die das Leben stark beeinflussen kann. Aber mit einer frühzeitigen Diagnose und einer individuellen Behandlung lässt sich die Lebensqualität wieder zurückholen.
Circa 100 medizinische Einrichtungen sind in Deutschland auf die Erkrankung spezialisiert und können bei der Behandlung und beim Kinderwunsch helfen. Auch eine gesunde Lebensweise kann vielen Frauen helfen, ein weitgehend normales und erfülltes Leben zu führen. Es ist wichtig, auf die eigenen Bedürfnisse zu hören und Unterstützung zu suchen – sei es bei Ärzten, in Selbsthilfegruppen oder durch Freunde und Familie.
Hier einige TIPps:
Schmerzmanagement: Finde heraus, welche Schmerzmittel dir helfen und welche Dosierung am besten für dich funktioniert. Wärmekissen oder eine warme Badewanne können ebenfalls Linderung verschaffen.
Gesprächsgruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr hilfreich sein. Es gibt viele Selbsthilfegruppen, in denen Frauen ihre Erfahrungen teilen.
Arbeitsplatz und Alltag anpassen: Scheue dich nicht davor, mit deinem Arbeitgeber über deine Erkrankung zu sprechen. Flexible Arbeitszeiten oder die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, können dir helfen, an besonders schmerzhaften Tagen besser zurechtzukommen.
Entspannung: Stress kann die Symptome verschlimmern. Achtsamkeitsübungen, Yoga oder Meditation können dir helfen, mit den psychischen und physischen Belastungen besser umzugehen.