Mythos Hochzeitsnacht
Was nach der großen Feier
wirklich im Schlafzimmer passiert
Lesezeit: 3 Min.
von Evi Wagner
Die letzten Gäste sind endlich weg, die Nacht der Nächte steht bevor. Romantisch soll sie werden. Leidenschaftlich. Einfach unvergesslich. Die Zeiten, in denen die Braut idealerweise jungfräulich in die Ehe ging und die Hochzeitsnacht den ersten Sex eines Paares bedeutete, sind zwar längst vorbei. Dennoch sind die Erwartungen an eine geglückte Hochzeitsnacht immer noch groß. Schließlich ist diese doch einmalig und sollte in Erinnerung bleiben – oder etwa nicht? Eins steht schon mal fest: In Erinnerung wird die Hochzeitsnacht immer bleiben, egal wie sie letztendlich verlief.
In verschiedenen Hochzeits- und Brautgruppen in den sozialen Medien finden sich viele Geschichten von wahrlich „unvergesslichen“ Hochzeitsnächten. „Als wir nach der Feier ins Bett gehen wollten, mussten wir leider feststellen, dass unsere Gäste sich einen Spaß erlaubt und dieses komplett auseinandergebaut hatten“, schreibt da zum Beispiel Ronja. „Als wir es endlich wieder geschafft haben, alles zusammenzubauen, war uns die Lust auf Sex wirklich vergangen.“ Und Stefanie erzählt: „Meine Hochzeitsnacht soll gut gewesen sein … sagt zumindest mein Mann. Ich war leider so betrunken, dass ich mich an rein gar nichts mehr erinnern kann.“
Und auch Mandy wird ihre Hochzeitsnacht wohl nie vergessen – allerdings aus ganz anderen Gründen, als sie sich eigentlich gewünscht hatte. „Konfetti, Luftschlangen und Luftballons waren noch das geringste Problem“, berichtet sie. „Das größere Problem: Während der Deko-Aktion hatten unsere Freunde das Fenster in unserer Suite offen gelassen. Die Nacht verbrachte ich schlaflos, weil ich mich gegen hunderte Mücken wehren musste. Und an Sex war natürlich auch nicht mehr zu denken.“ Dazu kommt meistens: Nach einer langen Partynacht mit zu viel Champagner und anderen alkoholischen Getränken wünscht sich das Brautpaar eigentlich nur noch eins: endlich ins Bett fallen und schlafen.
Dann ist da auch noch die Erwartung, dass der erste „verheiratete Sex“ richtig gut werden soll. Das Paar setzt sich selbst so richtig unter Druck. Mit dem unerfreulichen Ergebnis, dass einfach gar nichts mehr geht und sich die Lust in Luft auflöst. Statt romantisch und leidenschaftlich ins Eheleben zu starten, beginnt das Ganze eher als eine Art Horrortrip. Aber sich nach einem „Schlaf gut, Schatz“ einfach umdrehen und miteinander einschlafen, das kann es doch auch nicht wirklich sein – oder? Warum eigentlich nicht? Wer sagt denn, dass die Hochzeitsnacht auch wirklich noch in der Nacht stattfinden sollte?
Schließlich gibt es auch noch den nächsten Morgen, an dem die Frischvermählten herrlich ausgeruht miteinander aufwachen. „Als die ganze Aufregung rum war, haben wir erst einmal beide geschlafen wie die Steine“, erzählt Lisa auf Social Media. „Umso schöner war dann das gemeinsame Aufwachen. Wir haben uns Frühstück aufs Zimmer kommen lassen und haben das Bett den ganzen Tag nicht mehr verlassen.“ Wir leben in einer Zeit, in der jedes Paar seine Hochzeitsnacht Gott sei Dank ohne verpflichtende Rituale und Traditionen gestalten kann. Und diese Freiheit sollten auch alle Paare ausnutzen. Nichts muss, alles kann. Das ist doch wirklich wunderbar – vorausgesetzt man befreit sich selbst von seinen viel zu hohen Erwartungen.